Über uns_alt

Radiolux ist ein audiovisuell arbeitendes Trio aus Leipzig und arbeitet seit 2012 (Niermann/Perl) bzw. 2013 (Brandt/Niermann/Perl) zusammen. Es performt auf Theaterbühnen, in Museen und Galerien, in Clubs und auf Festivals. Die Konzerttouren führten die Künstler bereits in 24 Städte in 5 Ländern. 2020 erhielt die freie Gruppe das reload-Stipendium der Kulturstiftung des Bundes.


Musikalisches und bildnerisches Material, teils mit vorformulierten Themen, sind Grundlage für die audiovisuellen Interaktionen beim Projekt Radiolux. Fabian Niermann entlockt seinen Instrumenten ungewöhnliche Töne und Geräusche. Marek Brandt webt feinmaschige Klang-Teppiche aus Field-Recordings, modulierten Sinuskurven und Granular Synthese. Im Unterschied zum klassischen Visual Jockey bebildert Inka Perl nicht die Musik, sondern ist eigenständige Improvisationspartnerin. Per Videokamera werden von ihr sich verändernde Objekt-Konstellationen auf die Leinwand übertragen. Je nach der Stofflichkeit dieser Objekte wird eine gezielte Ästhetik vorgegeben, die die Musiker aufgreifen. Es entstehen kaleidoskopartige Collagen, die einzeln betrachtet abstrakt zusammengesetzte Stillleben ergeben. Wechselseitige Inspirationen bestimmen die Gestalt der Stücke, sowohl auf auditiver als auch auf visueller Ebene. In der auf den ersten Blick abstrakt wirkenden Bildfläche bekommen die animierten Dinge durch Töne und Geräusche ein Eigenleben. Es wird live auf die Bilder reagiert, die sich wiederum der Musik folgend weiterentwickeln und verändern. [Thomas Moritz/LeipJAZZig]

Das Wort Improvisation stammt vom lateinischen improvisus her und bedeutet unvorhergesehen, unvermutet, ohne Vorbereitung. Improvisation ist eine Haltung auf das Überraschende hin, eine Einstellung zum Miteinander – und umschreibt damit auch etwas, was es so noch nicht gibt. Improvisation siedelt im Zwischenraum zwischen Denken und Handeln, zwischen Erdachtem einerseits und Erhandeltem, Erfühltem andererseits, ist Prozess, Spiel, Offenheit, Öffnung. Die Improvisation lebt davon, zwischen Geordnetem und Ungeordnetem, Strukturiertem und Unstrukturiertem, Vorbereitetem und Unvorbereitetem hin und her zu wechseln. Das „Ding“ wiederum kommt vom althochdeutschen „thing“, dem Wort für „Versammlung“, „Gericht“, wo eine gemeinsame Sache zum Austrag kommt. Die Dinge liegen also nicht einfach da, sie nehmen teil, eigenwillig, mitunter aufsässig, tragen an unseren menschlichen Angelegenheiten mit.

In den audiovisuellen Performances von Radiolux, die in der Formation von Inka Perl, Marek Brandt und Fabian Niermann auftreten, kommen auf seltsame, überraschende Weise die Versammlung, Handlung von Dingen, Klang und Ton im Feld der Improvisation zusammen. Das Flüchtige, Fließende, sich in Veränderung Befindende, das sich in Vorgängen und Ereignissen vollzieht, wird zum vielsinnigen Ereignis. Im offenen, wechselseitigen Zusammenspiel der Dinge und Menschen mit ihren Instrumenten entstehen dichte, freie Kompositionen, beflügelt von wechselseitiger Stimulation und Inspiration.

Radiolux sendet life. In einem Raum, der sich durch permanente Variation verschiebt, scheint die Ordnung der Sinne außer Kraft:
Zu hören sind meist kleine, unscheinbare Gegenstände, zu sehen sind Klänge und beides geht im Spiel und Widerspiel ineinander, kollidiert, stößt sich ab, zieht sich an. Radiolux versendet die Akustik der Materie, die Optik der Klänge, der Sender ist die materialisierte Kommunikation. Schnelles verbindet sich mit Langsamem, Bewegung mit Stillstand, Ferne mit Nähe. In der Verflechtung von Bild und Klang geht es nicht um wechselseitige Illustration – das, was man sieht liegt nicht in dem, was man hört, was man hört sucht man vergeblich in den Bildern. Im gesteigerten Hören, im fließenden Schauen werden in den vielschichtigen Montagen aus Tönen, Bildern, Handlungen die geheimen Synästhesien von Wahrnehmung und Klang erkundet. In der Passage vom Einen zum Andern eröffnen sich flüchtige ephemere Stimmungen, Klangbilder, Bilderklänge. Subtil und souverän, sanft und widerborstig betreibt Radiolux die Auflösung von eingespielten Regeln, destabilisiert gewöhnliche Sichtweisen, eingeübte Hörmuster. Der Klang- und Bildraum wird zu einem mobilisierten, mobilisierenden Ort, der immer wieder neue Transitorien zwischen Betrachten und Hören, zwischen Anschauung und Denken, zwischen den vielfältigen Ebenen der Inszenierung entfaltet.

[Dorothée Bauerle-Willert]

The word improvisation stems from the Latin word improvisus, which means unexpectedly, suddenly, without preparation. Improvisation is an attitude towards the surprising, being set for interaction – and thus describes something that does not yet exist. Improvisation is located in the space between thought and action, between what is thought of on one hand and the results of one’s actions, what is experienced on the other hand, it is a process, game, openness, opening. Improvisation thrives on alternating between orderly and disorderly, structured and unstructured, prepared and unprepared. The German word “Ding”, meaning thing in turn comes from the old German word „thing“, the word for „assembly“, „court“ where a common matter is decided. Things are thus not so simply around; they participate, and are self-willed, sometimes even defiant, contributing to our human affairs.

In the audiovisual performances of Radiolux performing in the formation of Inka Perl, Marek Brandt and Fabian Niermann, the meeting, actions of things, as well as the sound and music in the field of improvisation come together in a strange and surprising way. The fugitive, flowing, being in a state of continuous change, which takes place in scenes and instances, becomes an multi-layered event. Dense, free compositions, inspired by mutual stimulation and inspiration are the results of an open, manyfold interaction between things and people with their instruments.

Radiolux sends life. In a space of continuous variation, the order of senses seems to have been overridden: small, inconspicuous objects are heard, and sounds and tones are seen. These two go into one another in play and counter play, collide, repel and attract each other. Radiolux sends out the acoustic of matter, the appearance of sounds, materialized communication is the transmitter. Rapid connects to slow, the immobile merges with movement, distance to proximity. The integration of image and sound is not about mutual illustration – what is seen is not what is heard, what is heard will not be found in images. In the increased hearing, in flowing glances the secret synesthesia of perception and sound are explored in the layered montages of sound, images, and actions. In the passage from one to the other fleeting ephemeral moods, sound, pictures open up.

Radiolux goes about in the resolution of rehearsed rules, the destabilization of ordinary perception and practiced hearing patterns, subtly yet confidently, gently but in rebellious manner. The sound and image space become a mobilized and stimulating place that unfolds new transits between viewing and listening, between intuition and thinking, between the various levels of enactment, over and over again.

[Dorothée Bauerle-Willert]